Am 12. Juli 1907 wurde in der Poigenau ein Steinmarterl aufgestellt, in welchem das seit dem Jahr 1752 in dieser Au an Bäumen befestigte Bild der heiligen Kümmernis untergebracht wurde. Das Bild stellt eine ans Kreuz geschlagene Jungfrau mit mächtigem Bart dar; bekleidet mit einem langen Kleid, einer Krone auf dem Haupt, einem goldenen Schuh an dem linken Fuß, während der rechte Schuh eben zu Boden fällt. Zu ihren Füßen kniend ein geigenspielender Jüngling. Diese in manchen Gegenden vielverehrte heilige Kümmernis, auch Wilgefortis oder St. Gehülfen, blieb trotz vielseitiger Erklärungsversuche bis heute ein rätselhaftes Wesen. Das Kümmernisbild in der Poigenau (Eine lokalhistorische Schilderung von F. X. Wlk, ehem. Förster in Mannswörth) Nach der Legende lebte die Heilige im zweiten Jahrhundert nach Christi. Sie war die Tochter eines heidnischen Königs und zeichnete sich durch große Weisheit und Schönheit aus. Nachdem sie schon frühzeitig den christlichen Glauben angenommen hatte, entsagte sie in ihrem Herzen der Welt und gelobte Christo dem Herrn ewige Jungfrauenschaft. Von Seite ihres Vaters, der Heide geblieben, war sie aber für einen benachbarten, mächtigen König als Gemahlin bestimmt. In ihrer Bedrängnis bat sie den Herrn, er möge ihr Gesicht entstellen. Gott erfüllte ihr die Bitte und ließ Wilgefortis über Nacht einen Bart wachsen. Als der Vater dies sah und auch die Ursache davon erfahren hatte, ließ er in seinem Grimm die Tochter ins Gefängnis werfen und hierauf mitten im Walde lebendig ans Kreuz nageln, damit sie Christo, ihrem Bräutigam, auch hierin, wie er sagte, gleichförmig werde. Ein bald nachher am Kreuz vorbeiziehendes Geigerlein spielte ihr aus Mitleid das "Kreuzlied" vor. Gestärkt und getröstet warf sie ihm zum Dank einen ihrer goldenen Pantoffel zu und verschied. Als der Spielmann den goldenen Schuh verkaufen wollte, wurde er festgenommen und sollte gleich tags darauf wegen Diebstahl hingerichtet werden. Am Wege zum Richtplatz erbat sich der Arme als letzte Gnade, zu der Gekreuzigten hingeführt zu werden. Dies wurde ihm gestattet, und weinend warf er sich vor dem Kreuze nieder und begann im Beisein der Richter und des Volkes wieder das Kreuzlied zu spielen. Als das Lied zu Ende war, fiel vom Fuße der toten Heiligen auch der zweite Schuh herab. Mächtig wirkte dieses Wunder an die heidnischen Richter und auf die Volksmenge ein und der Geiger wurde freigelassen. In der Kirche zu Steinberg in Holland sollen die Gebeine der Heiligen beigesetzt worden sein. So sagenhaft wie die Heilige selbst ist auch der Ursprung ihres Bildes in der Poigenau. Nach mündlicher Überlieferung ist dieses Bild von der Frau eines Försters in Mannswörth, einer gebürtigen Tirolerin, aus ihrer Heimat mitgebracht worden. Nach Tiroler Sitte hing die Försterin das Bild tief unten in der Poigenau, neben dem ehemaligen Mühlweg, auf einer mächtigen Eiche auf. Die Umgebung dieser Stelle wird schon auf einer aus dem Jahre 1804 stammenden, bei der Forstverwaltung in Mannswörth aufbewahrten Forstwirtschafts-Karte "Kümmernisboden" benannt und führt heute noch die gleiche Bezeichnung. Eines Tages geriet diese Eiche durch Blitzschlag in Brand und verkohlte bis auf die Stelle, auf welcher das Bild hing. Dieses Wunder gab Anlaß zur allgemeinen Verehrung dieses Heiligenbildes, und besonders waren es die Forstleute und Jäger, die herrschaftlichen Holzfäller und die Dürrholz-Sammlerinnen, welche häufig dort im stillen, einsamen Wald ihre Andacht verrichteten. Ende der Siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts wurde das Bild durch die Hochwasser führende Donau weggeschwemmt und kam erst im Jahre 1899 wieder zum Vorschein. Es ist wahrhaftig zum Staunen, daß dieses auf Holz gemalte Ölbild diese 20jährige Lagerzeit im Wald, bis zur Unkenntlichkeit mit Schlamm bedeckt, so gut überdauert hat. Als der Förster Franz Wlk im Jahr 1895 nach Mannswörth kam, wurde ihm seitens einer alten Holzsammlerin von dem Verschwinden des Kümmernisbildes Mitteilung gemacht, und als es wieder gefunden wurde, beeilte er sich, das Vermächtnis seines Vorfahren aus dem 18. Jahrhundert wieder renovieren zu lassen. An einem schönen Maitag im Jahr 1900 wurde das Bild auf einem Baumriesen am Rand der Kümmernisböden angebracht, und die schöne Poigenau hatte ihr Wahrzeichen wieder. Das Kümmernisbild erregte gelegentlich bei Jagden wiederholt das Interesse des Erzherzogs Franz Ferdinand I., und als im Mai 1906 der Bürgermeister Dr. Karl Lueger mit den Vizebürgermeistern Dr. Josef Porzer und Heinrich Hierhammer und den Stadträten die Auen besichtigte, wurde die Unterbringung des Bildes in ein Steinmarterl angeregt und 1907 durch die städtische Forstverwaltung in Mannswörth zur Ausführung gebracht. Lieblich blickt das schmucke Dankmal aus der Laubgrotte beim Poigen-Eingang dem Wanderer entgegen; möge es auch in Zukunft von den Waldleuten in Ehren gehalten werden.[1] Das Kümmernisbild 2012 |
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